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Extraktionsverfahren bei Cannabisextrakten

Extraktionsverfahren bei Cannabisextrakten

Dr. Thorsten Tuschy, 09. Januar 2021

Um die Cannabinoide aus der Cannabispflanze zu extrahieren werden bei den in Deutschland erhältlichen Cannabis-Extrakten zwei verschieden Verfahren genutzt: Die CO2- und die Ethanolextraktion. Im Folgenden werden beide Verfahren erklärt. Da es sich um sehr komplexe chemische Verfahren handelt, können die einzelnen Schritte im Detail bei den verschiedenen Extraktionsverfahren variieren – manchmal laufen sie auch gleich ab. Das Grundprinzip bleibt aber erhalten.

CO2-Extraktion

Unter normalen Bedingungen liegt Kohlendioxid, CO2, gasförmig vor. Durch Druck- und Temperaturerhöhungen wird CO2 in einen sog. superkritischen, flüssigen Zustand gebracht. Diese Flüssigkeit wird durch das Pflanzenmaterial gepresst, um die Cannabinoide und Terpene aus dem Pflanzenmaterial zu lösen. Anschließend wird der Druck wieder verringert und CO2 verdampft – die gelösten Stoffe werden in Form eines Rohöls freigegeben.1

In diesem Rohöl liegen die Cannabinoide in ihrer inaktiven Form als sog. Carbonsäuren (THCA und CBDA) vor. Durch eine Temperaturerhöhung kommt es zur Decarboxylierung und zur Bildung der bioaktiven Moleküle THC und CBD. 

Das decarboxylierte Rohöl wird im nächsten Schritt mit einer kleinen Menge Ethanol versetzt, um die Cannabinoide und Terpene von mitextrahierten Stoffen, wie z. B. Wachsen, zu trennen. Diesen letzten Verfeinerungsschritt bezeichnet man als Winterisierung. 2 Durch die CO2-Extraktion erhält man Extrakte, die frei von störenden Lösungsmittel- oder Pflanzenresten, wie z. B. Chlorophyll, sind. Weiterhin kann man durch eine gezielte Drucksteuerung selektiver als bei der Ethanolextraktion die Terpene aus dem Pflanzenmaterial isolieren. 3,4

Die CO2-Extraktion ist im Vergleich zu anderen Extraktionsmethoden wie beispielsweise der Butan-Extraktion oder der Propan-Extraktion, die potenziell klimaschädliche Emissionen verursachen können, eine vergleichsweise umweltfreundliche Methode.

Die Firma Aurora verwendet für die Herstellung ihrer Cannabisextrakte die CO2
Extraktion.

Ethanolextraktion

Das Prinzip ist vergleichbar mit der CO2-Extraktion. Es wird jedoch mit weitaus geringerem Druck gearbeitet. Da es sich bei Ethanol um ein sehr starkes Lösungsmittel handelt, werden nicht nur die Cannabinoide und Terpene aus dem Pflanzenmaterial isoliert, sondern ebenfalls sehr viele weitere Pflanzenbestandteile, wie z. B. Chlorophyll.3 Die
Ethanolextraktion ist dadurch schlechter steuerbar als die CO2-Extraktion, dafür im apparativen Aufwand günstiger. 

Allerdings kann es schwieriger sein, den Extrakt von hoher Qualität zu halten, da Ethanol auch andere unerwünschte Verbindungen extrahieren kann. Ein weiterer Nachteil der Ethanolextraktion ist, dass es in der Regel mehr Energie benötigt als die CO2-Extraktion. Zudem wird verhältnismäßig viel Lösungsmittel eingesetzt, welches in späteren Aufreinigungsschritten entfernt werden muss, um etwaige Rückstände zu vermeiden.4

Die Ethanolextraktion wird von den Herstellern Cannamedical, Vertanical und Tilray verwendet.

Fazit zu den Extraktionsverfahren

Insgesamt haben beide Methoden ihre Vor- und Nachteile. Die Wahl des Verfahrens hängt von verschiedenen Faktoren ab, wie beispielsweise der Art des Extraktionsprodukts und dem verfügbaren Budget. Während die CO2-Extraktion als präziser und kontrollierbarer angesehen wird und außerdem weniger Energie verbraucht, kann die Ethanolextraktion eine kostengünstigere Alternative sein, die ohne spezielle Ausrüstung durchgeführt werden kann.

Jedoch ist die CO2-Extraktion nicht vollständig emissionsfrei. Das Verfahren erfordert viel Energie, um das CO2 auf hohen Druck und hohe Temperaturen zu bringen, welche in der Regel aus fossilen Brennstoffen stammt. Der Prozess kann daher erhebliche CO2-Emissionen verursachen und so zur Erderwärmung beitragen.

Es gibt jedoch auch Möglichkeiten, die Umweltauswirkungen der CO2-Extraktion zu reduzieren, indem beispielsweise erneuerbare Energien für die Energieversorgung genutzt werden oder die Wärme, die während des Prozesses erzeugt wird, zur Wärmerückgewinnung genutzt wird. Unternehmen, die CO2-Extraktion anwenden, bemühen sich in der Regel darum, die Umweltauswirkungen so gering wie möglich zu halten.

Die Ethanolextraktion ist übrigens eine der ältesten Extraktionsmethoden und wurde bereits vor vielen Jahrhunderten angewendet, um pflanzliche Materialien zu extrahieren. Die CO2-Extraktion hingegen ist eine relativ neue Methode und wurde erst in den letzten Jahrzehnten entwickelt und verfeinert.

  • 1 S. Rochfort, A. Isbel, V. Ezernieks et al., „Utilisation of Design of Experiments Approach to Optimise Supercritical Fluid Extraction of Medicinal Cannabis,“ Scientific Reports 10, 2020.

  • 2 L. Rovetto, N. Aieta, „Supercritical carbon dioxide extraction of cannabinoids from Cannabis sativa L. plant material,“ J SUPERCRIT FLUID, 2017.

  • 3 G. Nogueira, R. Vardanega, M. Meireles, „Cannabisextraction by supercritical CO2: state of art and future perspectives,“ 2018.

  • 4 extractLAB, „10 Reasons Ethanol Extraction is Better than CO2 Extraction!?,“ 2020.

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