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#4 Cannabis Konkret – Medizinisches Cannabis bei Demenzerkrankungen: Studien zeigen Erfolge

#4 Cannabis Konkret – Medizinisches Cannabis bei Demenzerkrankungen: Studien zeigen Erfolge
  • Kleine Studien zeigen, dass Cannabis die Lebensqualität von Demenz-Patienten verbessern kann
  • Studie: Cannabis “verjüngt” Hirnstrukturen bei älteren Mäusen
  • Infoveranstaltung im April: Medizinisches Cannabis bei Demenz

Cannabis, beziehungsweise der Wirkstoff THC, wirkt bekanntermaßen psychoaktiv: Konsumenten werden teils müde, unkonzentriert, vergesslich. Besonders bei jungen Menschen, bei denen sich das Gehirn noch entwickelt, kann Cannabis außerdem bleibende Schäden verursachen. Forscher konnten durch Studien aber bereits vor Jahren einen interessanten Effekt beobachten, weswegen Cannabis nun als ernsthafte Therapiemöglichkeit bei Demenz unter die Lupe genommen wird: Untersuchung an Mäusen zeigten, dass der Cannabis-Wirkstoff THC die Denkleistung bei jungen Mäusen zwar, wie erwartet, verschlechtert, im höheren Alter aber auch positiv beeinflussen kann!1

Doch auch CBD könnte bei der Behandlung von Demenzerkrankungen in der Zukunft eine größere Rolle spielen: Eine 2022 durchgeführte Studie konnte zeigen, dass CBD das bei Demenz oft typische unruhige, teils aggressive Verhalten verbessern kann.2 Mehr dazu erfahren Sie in diesem Text!

Im April befasst sich die Veranstaltungsreihe Cannabis-Konkret mit dem Thema Demenz. Bei der Veranstaltung können sich Ärzte, Patienten und Interessierte über die Anwendung von Cannabis bei Demenz informieren und ihre Erfahrungen austauschen. Mehr Informationen und weitere Termine finden sie auf www.Cannabis-Konkret.de.

Was ist Demenz?

“Demenz” ist ein Überbegriff für verschiedene Erkrankungen, die mit einem Verlust geistiger Fähigkeiten einhergehen. Das Gedächtnis, der Orientierungssinn, das Denken und die Sprache können bei Demenzerkrankten betroffen sein. Die Alzheimer-Krankheit ist die häufigste Ursache für Demenz, aber es gibt auch andere Formen, wie z.B. vaskuläre Demenz oder Lewy-Körperchen-Demenz. Schätzungen zufolge ist die Alzheimer-Krankheit mit einem Anteil von circa 60 bis 65 Prozent die häufigste irreversible Demenzform. Mit etwa 20 bis 30 Prozent folgen die gefäßbedingten („vaskulären“) Demenzen. Bei etwa 15 Prozent liegt eine Kombination beider Erkrankungen vor. Andere Demenzformen finden sich nur bei 5 bis 15 Prozent der Erkrankten.3

Abb. 1 Demenz ist keine normale Alterserscheinung, sondern eine ernstzunehmende Krankheit, die das Leben der Betroffenen und ihrer Angehörigen stark beeinträchtigen kann.

Die Symptome entwickeln sich schleichend und können im Anfangsstadium leicht übersehen werden. Im weiteren Verlauf der Krankheit werden die Beeinträchtigungen jedoch immer deutlicher und führen schließlich zu einer Pflegebedürftigkeit.

Bei einer Demenzerkrankung kommt es zu verschiedenen Veränderungen im Gehirn, die zu einem fortschreitenden Verlust von geistigen Fähigkeiten führen. Die wichtigsten Punkte sind:

Absterben von Nervenzellen: Im Laufe der Erkrankung sterben Nervenzellen (Neuronen) im Gehirn ab. Besonders betroffen sind Regionen, die für Gedächtnis, Lernen, Sprache und Denken wichtig sind.

Verlust von Synapsen: Die Synapsen sind die Verbindungsstellen zwischen den Neuronen. Wenn Nervenzellen absterben, gehen auch Synapsen verloren. Dies führt zu einer Störung der Informationsverarbeitung im Gehirn.

Ablagerungen von Proteinen: Bei Alzheimer, der häufigsten Form der Demenz, lagern sich im Gehirn zwei Arten von abnormalen Proteinen ab: Amyloid-Plaques und Tau-Fibrillen. Diese Ablagerungen können die Funktion der Nervenzellen beeinträchtigen und zum Absterben führen.

Entzündungsprozesse: Im Demenz-Gehirn finden chronische Entzündungsprozesse statt. Diese Entzündungen können die Nervenzellen schädigen und zu ihrem Absterben beitragen.

Veränderungen im Stoffwechsel: Der Stoffwechsel im Demenz-Gehirn ist gestört. Dies kann zu einer verminderten Energieversorgung der Nervenzellen führen.

Wie äußert sich eine Demenzerkrankung?

Die Symptome einer Demenzerkrankung entwickeln sich meist schleichend und können daher im Anfangsstadium leicht übersehen werden. Zu den ersten Anzeichen gehören häufig:

  • Gedächtnisstörungen: Vergessen von Verabredungen, Terminen oder wichtigen Ereignissen, häufiges Wiederholen derselben Fragen, Schwierigkeiten, neue Informationen zu lernen und zu behalten, Verlegen von Gegenständen im Alltag.
  • Orientierungsprobleme: Schwierigkeiten, sich in der eigenen Wohnung oder Umgebung zurechtzufinden, Verwirrung über Datum, Uhrzeit oder Jahreszeit, Probleme beim Erkennen von bekannten Personen.
  • Sprachstörungen: Schwierigkeiten, die richtigen Worte zu finden, verlangsamtes Sprechen oder Stocken im Satz, Probleme beim Verstehen von Gesprächen.
  • Veränderungen im Denken und Urteilsvermögen: Schwierigkeiten bei der Planung und Durchführung von Aufgaben, Probleme mit komplexen Entscheidungen, ungewöhnliche oder impulsive Verhaltensweisen.
  • Stimmungs- und Verhaltensänderungen: Depressionen, Angst oder Unruhe, Reizbarkeit, Aggressivität oder Wutausbrüche, Rückzug aus sozialen Aktivitäten.

Es ist wichtig zu beachten, dass diese hier aufgezählten Anzeichen auch durch andere Faktoren verursacht werden können, wie z.B. Stress, Müdigkeit oder Depressionen. Besteht der konkrete Verdacht auf eine Demenzerkrankung oder können andere Ursachen ausgeschlossen werden, sollte daher ein Arzt konsultiert werden.

Der Arzt kann durch eine gründliche Untersuchung und verschiedene Tests feststellen, ob eine Demenz vorliegt und um welche Form der Demenz es sich handelt. Eine frühzeitige Diagnose und Behandlung ist wichtig, um den Verlauf der Krankheit zu verlangsamen und die Lebensqualität der Betroffenen zu verbessern.

Weitere Informationen und Unterstützung finden Sie bei folgenden Organisationen:

Wie wird eine Demenzerkrankung behandelt?

Die Behandlungsmöglichkeiten der Demenz sind vielfältig und zielen in erster Linie darauf ab, die Symptome zu lindern, den Verlauf der Krankheit zu verlangsamen und die Lebensqualität der Betroffenen zu verbessern.

Medikamentöse Therapie:

Es gibt verschiedene Medikamente, die bei Demenz eingesetzt werden können. Diese Medikamente können die Symptome wie Gedächtnisstörungen, Orientierungsprobleme und Sprachstörungen verbessern. Sie können auch dazu beitragen, den Verlauf der Krankheit zu verlangsamen. Man setzt bei der Behandlung hauptsächlich auf Cholinesterasehemmer, welche die Konzentration des Botenstoffes Acetylcholin im Gehirn erhöhen sollen, und Memantin, welches den NMDA-Rezeptor beeinflusst. So werden Nervenzellen vor einer sogenannten “Übererregung” geschützt, die zum Absterben von Gehirnzellen führen kann.4 5

Nicht-medikamentöse Therapie:

Neben der medikamentösen Therapie gibt es auch eine Reihe von nicht-medikamentösen Therapien, die bei Demenz hilfreich sein können:

  • Gedächtnistraining kann helfen, die geistigen Fähigkeiten zu erhalten und den Verlust von Gedächtnis und Denkvermögen zu verlangsamen.
  • Regelmäßige Bewegung kann die Durchblutung des Gehirns verbessern und die geistige Fitness erhalten.
  • Soziale Kontakte sind wichtig für die geistige Gesundheit und können dazu beitragen, den Verlauf der Erkrankung zu verlangsamen.
  • Psychotherapie kann Menschen mit Demenz und ihren Angehörigen helfen, mit der Krankheit umzugehen. Sie kann dazu beitragen, Ängste und Depressionen zu bewältigen und die Lebensqualität zu verbessern.6

Die nicht-medikamentösen Behandlungsformen können sich zwar positiv auf einzelne Symptome auswirken, der wissenschaftliche Nachweis der Wirksamkeit ist aus methodischen Gründen jedoch schwer zu führen, noch dazu gibt es nur wenige Studien.

Behandlung von Demenz mit THC

Schon 2017 konnten Forscher mehrerer Universitäten in einem gemeinsamen Projekt feststellen, dass niedrige THC-Dosen die Gehirnleistung bei alten Mäusen verbessern kann. Hierfür wurden mehrere Versuchsgruppen erstellt: 2 Monate, 12 Monate und 18 Monaten alten Mäusen wurden regelmäßig kleine Dosen THC verabreicht, die gleich aufgebaute Kontrollgruppe bekam kein THC.

Die Tiere wurden dann verschiedenen Lerntests ausgesetzt. Die Ergebnisse waren zunächst nicht überraschend: Die 2 Monate alten Mäuse mit THC erledigten die Aufgaben signifikant schlechter als die gleich alte Kontrollgruppe. Dies wurde von den Forschern genau so erwartet und unterstreicht erneut, dass Cannabis bei jungen Gehirnen einen negativen Effekt hat. Die 12 Monate alten Mäuse ohne THC schnitten bei den Tests etwas schlechter ab, die 18 Monate alten Mäuse ohne THC noch mal ein Stück schlechter. Hieran konnten die Forscher erkennen, dass sich die kognitiven Fähigkeiten von Mäusen mit zunehmendem Alter verschlechtern.

Interessant wurde es aber, als die THC-Gruppe ausgewertet wurde: Die 2 Monate alten Mäuse waren hier nämlich die einzigen, die einen negativen Effekt durch das THC hatten! Sowohl bei den 12 Monate alten Mäuse als auch bei den 18 Monate alten konnte schon nach sechs Tagen eine Verbesserung der kognitiven Fähigkeiten beobachtet werden. Besonders spannend: Nach einer gewissen Behandlungszeit mit Cannabis konnten beim Lernverhalten keine Unterschiede mehr zwischen den alten, mit Cannabis behandelten Mäusen und den jungen, nicht mit Cannabis behandelten Mäusen festgestellt werden! Die THC-Behandlung verbesserte die Leistung alter Mäuse in verschiedenen kognitiven Tests, einschließlich räumlichem Lernen und Gedächtnis, Objekterkennung und Partnererkennung.

Die THC-Behandlung führte zu einer erhöhten Expression von synaptischen Markerproteinen im Gehirn, was auf verbesserte neuronale Verbindungen hindeutet, und stellte das Genexpressionsmuster im Hippocampus wieder her, sodass es dem von jungen Mäusen ähnlich wurde.

Ausschitt einer digitalen Ausstellung über das Endocannabinoidsystem
Abb 2 Tatsache: Alle Menschen sowie die meisten Säugetiere besitzen das körpereigene Endocannabinoidsystem, kurz ECS, welches wichtige Prozesse im Körper beeinflusst.

Die Forscher vermuten, dass der generell Rückgang der kognitiven Funktionen im Alter mit einer verminderten Funktion des körpereigenen Endocannabinoidsystems zusammenhängt. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass die Behandlung mit einer niedrigen Dosis des Cannabinoids THC das Potenzial hat, die kognitiven Funktionen zu verbessern und einige altersbedingte Veränderungen im Gehirn umzukehren.1

Behandlung von Demenz mit CBD

Bei fast 90 % der Demenzpatienten treten Verhaltensstörungen auf, darunter Aggressivität, Reizbarkeit und Unruhe. Diese Symptome sind nicht nur belastend für die Patienten selbst, sondern stellen auch eine erhebliche Herausforderung für Pflegekräfte und Angehörige dar. Bisher gibt es dafür keine zugelassenen Medikamente, was die Behandlung dieser Symptome besonders schwierig macht.

Im Rahmen einer 2022 durchgeführten Studie wurde nun die Sicherheit und Wirksamkeit eines medizinischen Cannabisöls aus der Sorte „Avidekel“ bei der Verringerung dieser Verhaltensstörungen untersucht. Das für die Studie verwendete Avidekel-Öl enthielt 30% Cannabidiol (CBD) und 1% Tetrahydrocannabinol (THC), die beide für ihre potenziellen therapeutischen Eigenschaften bekannt sind.

Die Studie war randomisiert und doppelblind placebokontrolliert,. Das bedeutet, dass bis zum Abschluss der Studie weder die Forscher noch die Patienten wussten, wer das Avidekel-Öl und wer ein wirkstofffreies Placebo-Öl erhielt. Die Patienten, alle mit diagnostizierter Demenz und Verhaltensstörungen, erhielten über einen Zeitraum von 16 Wochen dreimal täglich entweder das Avidekel-Öl oder das Placebo-Öl.

Die Ergebnisse der Studie waren vielversprechend: Die Gruppe der Patienten, die das Avidekel-Öl erhielt, zeigte im Vergleich zur Placebo-Gruppe eine signifikant stärkere Verringerung der typischen Unruhe, einem der Hauptmerkmale von Verhaltensstörungen bei Demenz. Darüber hinaus traten in der Avidekel-Gruppe keine gehäuften Nebenwirkungen auf, was auf eine gute Verträglichkeit des Öles hinweist. Dieser Effekt trat aber im Durchschnitt erst nach 12 Wochen auf.

Auf Basis dieser Ergebnisse kamen die Forscher zu dem Schluss, dass Cannabis-Öl bei Demenzpatienten mit Verhaltensstörungen wirksam zu sein scheint und gut vertragen wird. Sie betonten jedoch, dass weitere Studien mit einer größeren Anzahl von Teilnehmern notwendig sind, um die Ergebnisse zu bestätigen und weitere Informationen über die langfristigen Auswirkungen und optimalen Dosierungen von Cannabis zu sammeln. Diese Studie wurde zwar vom Hersteller selbst durchgeführt, bietet jedoch eine interessante Perspektive auf mögliche neue Behandlungsansätze für Verhaltensstörungen bei Demenz.2

Studien bringen Klarheit

Die ersten Hinweise sind zwar erbracht, jedoch ist es noch viel zu früh um klar zu behaupten “Cannabis hilft gegen Demenz”. Die erwähnten Studien hatten entweder eine relativ kleine Teilnehmerzahl oder wurden an Tieren im Labor durchgeführt. Inwieweit sich die Ergebnisse auf eine größere Patientengruppe übertragen lassen oder inwieweit Cannabis die Symptome von Demenzerkrankungen bei Menschen lindern oder sogar rückgängig machen kann, muss noch in weiteren Studien untersucht werden.

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